1 Jahr auf Reise – ein Blick zurück

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Für uns ist mit Berlin – Kuala Lumpur ein Abschnitt der Reise zu Ende gegangen. Das haben wir erst im Laufe der letzten Wochen deutlicher gemerkt. Ist dieses Jahr nun schnell oder langsam vergangen? Schwer zu sagen. Oft kommt es uns noch gar nicht so lange vor, dass wir auf der „langen Meile“ sind. Andererseits erscheinen Ereignisse von vor einem halben Jahr manchmal sehr weit zurückzuliegen. Durch die Intensität der Erlebnisse hat sich ein ganz spezielles Zeitgefühl eingestellt. Auf dem Flug von Kuala Lumpur nach Buenos Aires hatten wir in jedem Fall genug Zeit, um ein wenig „Inventur“ zu betreiben. Nun sind die Gedanken strukturiert und die Zahlen addiert. Zeit also noch stichwortartig ein kleine Bilanz zu ziehen.

Radtage
hatten wir bisher 163. Manchmal ist das „Leben auf dem Sattel“ sprichwörtlich hart, meist aber wunderschön. Langeweile oder Monotonie kommen so gut wie nie auf. Wir erleben das Radfahren als eine emotionale Berg- und Talbahn: Freude und Enttäuschung, Leichtigkeit und Anspannung, Launen, Zuversicht, Erschöpfung, Euphorie und stilles Glück – alles ist dabei und in ständigem Wechsel. Es gibt Tage, da genießen wir die Leichtigkeit des (Rad-Da-)Seins – fliegen mit den Vögeln, haben einen echten „Flow“, den perfekten Rhythmus. Die Beine treten wie von selbst. Die Räder und wir sind eine Einheit. Wohlig schnurren sie wie ein Kätzchen. Genauso gibt es aber auch Tage, da kämpfen wir mit permanentem Gegenwind, miesem Wetter und ebensolcher Laune, gegen die Zeit, den inneren Schweinehund, schlechte Straßen, zu steile Steigungen, Hungergefühl, wunde Hinterteile … Doch stets werden solche „Durststrecken“ und „Leidenszeiten“ mit euphorischen Momenten, eindrücklichen Begegnungen und Naturerlebnissen belohnt.

Ruhetage
waren nicht immer welche. Besonders in den ersten Monaten haben wir uns diese Tage mit einem Mix aus Sightseeing, Organisation und Kommunikation zu voll gepackt. Kaum standen die Räder still begann es sich im Kopf zu drehen: Was ist an den Rädern zu machen?, Haben wir genug Geld und Lebensmittel?, Welche Infos brauchen wir für den nächsten Reiseabschnitt?, Wie sind die Öffnungszeiten von Banken und Grenzübergängen?, Wann suchen wir Bilder aus und schreiben den nächsten Artikel? Bleibt noch Zeit für’s Tagebuch? Solche Tage endeten dann unbefriedigend, weil für Ruhe und Reflektion, für uns, kaum Zeit blieb. Mittlerweile haben wir eine bessere Balance gefunden.

Was wir vermissen
nicht viel. Nach 5 Tagen kalter Katzenwäsche vermissen wir vor allem einen warmen „Wasseranschluss“ am Zelt und gelegentlich unsere „Lümmel-Couch“. Ria würde gerne wieder frisches Schwarzbrot, Quark und eine Thüringer Rostbratwurst mit Sauerkraut essen. Oliver hätte gerne Naturjoghurt zum Müsli und selbstgemachte Pizza. Außerdem fehlt ihm die Tasse Filterkaffee und dazu die neueste „Zeit“-Ausgabe. Das Fernsehen vermissen wir beide nicht. Auf dem Rad gibt es täglich genug Sehenswertes.

Was wir uns wünschen
Gesund zu bleiben. Noch mehr Zutrauen, uns auf Menschen einzulassen. Die Landessprache besser zu sprechen, um uns intensiver austauschen zu können.

Was uns ärgert oder nervt
Steigungen jenseits von 12 %; Pkw-Fahrer ohne „Distanzgefühl“; Lkw-Fahrer, die direkt neben uns ihre ohrenbetäubende Fanfare betätigen; Hunde die ihren Jagdtrieb an uns auslassen; Menschen die gedankenlos Abfall in der Natur hinterlassen; Handwäsche; tagelanger Gegenwind, eingezäuntes Weideland (auf dem wir gerne zelten würden).

Was uns fasziniert
Die Menschen und die vielfältigen Lebensformen. Die Gastfreundschaft in allen Ländern. Das bunte Treiben auf den Märkten. Die Schönheit unseres Planeten. Die Stille. Jeden Tag unvermittelt auf Unbekanntes, auf Neues zu stoßen. Das Licht bei Sonnenaufgang erleben zu dürfen. Das riesige Sternenmeer über unserem kleinen Zelt.

Wie funktioniert die Technik
Die meisten Anschaffungen haben sich gelohnt und bewährt. Dennoch war nicht alles „Gold was glänzt“ und manches Teil nicht für den dauerhaften Gebrauch gemacht. Sollten wir noch einmal auf lange Reise gehen werden wir uns sicherlich weniger Gedanken um jeden einzelne Ausrüstungsgegenstand machen. Die Robustheit unserer Räder erstaunt uns dagegen immer wieder. 5 Platten auf 12.000 km ist praktisch Nichts. Keinen einzigen Speichenbruch haben wir bis heute! Auch die Bremsbeläge mussten wir nur 1 x wechseln. Jeweils 1 neue Kette, 1 Kettenblatt und 1 Ritzel sprechen auch für Qualität. Die Reparatur des Steuerlagers geht auf eine Falschmontage zurück. So wartungsarm könnte es bleiben…

Ein paar „Schnittchen”
Wenn wir fahren dann meist richtig. Im Schnitt radeln wir 75 km am Tag in 4 ¾ Stunden (reine Fahrzeit) und mit 16,40 km/h stets unterhalb des erlaubten Tempolimits. Dabei geht es im Schnitt 470 Meter m bergauf (und irgendwann auch wieder runter).

Höher, weiter, aber nicht schneller
Bis zum 31.03.2014 sind wir – rein rechnerisch :-) – 8 x auf den Gipfel des Mount Everest gefahren (71.687 hm) und haben dafür 11.460 km zurückgelegt.

 

One comment on “1 Jahr auf Reise – ein Blick zurück

  1. Sabine Berghahn on said:

    Alles Gute weiterhin und toll wie ihr das macht!!!
    Viele Grüße
    Sabine Berghahn

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