Malaysischer Multikulturalismus

George Town / Malaysia malaysia
321. Reisetag
10.477 km, 65.454 hm

 

P1000721Nach fast 3 Stunden Sucherei haben wir doch noch ein erschwingliches Hotel in George Towns Altstadt gefunden. Wir sind im Pin Seng in der Love Lane untergekommen. Ein typisches Chinesenhotel, wie es viele in der Altstadt gibt. Das Gebäude ist über 100 Jahre alt, zum großen Teil aus Holz, ein bischen wie aus der Zeit gefallen. Die Zimmereinrichtung ist spartanisch und hat ihre beste Zeit schon lange hinter sich. Aber irgendwie hat das in die Jahre gekommene Interieur schon wieder was für sich.

Dösend liege ich auf meinem Bett. Durch die Lammellenfenster scheint das gleißende Licht der Mittagssonne. Die Hitze schlaucht uns. Draußen sind es jetzt unerträgliche 46°C in der Sonne. Im Zimmer „nur“ 33°C. Der Ventilator läuft auf Stufe 5 und verschafft etwas Abkühlung. Unablässig surrend dreht er seine Runden. Während sich mein Blick an die Decke heftet ziehen noch einmal die vergangenen Tage an mir vorüber ….

Der Grenzübertritt nach Malaysia ist völlig unproblematisch. Ein Stempel in jeden unserer Pässe und schon können wir ohne Visum 3 Monate im Land bleiben.

Das erste was uns auffällt: Malaysias Straßen sind wesentlich voller. Vor allem sind viel mehr Pkw’s unterwegs. Bei Rot wird an den Lichtzeichenanlagen wieder gehalten… und die Ampelphasen dauern oft unerträglich lange. In jede Himmelsrichtung geht es mit eigener Grünphase. Wenn wir Pech haben stehen wir 3 Minuten schweißtriefend im Motorengestank. Befahrbare Randstreifen wie in Thailand gibt es leider nur noch selten. So kommt uns der ohrenbetäubende Verkehr oft sehr nahe. Nicht immer ganz angenehm und ungefährlich.

Landschaftlich ist der Abschnitt bis George Town wenig reizvoll. Abgeerntete Reisfelder und (Öl-) Palmenplantagen prägen die Westküste Nordmalaysias. Dafür hat sich das Straßenbild abrupt geändert. Statt Mönchen in ihren orangenen Gewändern begegnen uns nun wieder Frauen mit Kopftüchern und Männer in Sampings (rockähnlicher Stoff) und Songkoks (traditionelle malaiische Mütze). Täglich erschallt mehrmals der Ruf des Muezzin und auf den vielen Sportplätzen im Land spielen malaiische Mädchen Basketball oder üben sich im Bogenschießen.

Von Butterworth setzen wir mit der Fähre nach George Town über. Beim Blick vom Festland auf die Insel dominieren Wolkenkratzer die Skyline. Doch zum Glück ist die Altstadt mit ihren alten Kolonialhäusern erhalten geblieben. In den Straßen und Gassen herrscht ein geschäftiges Treiben. Die verschiedenen Weltreligionen, Traditionen und Kulturen fügen sich hier auf engstem Raum zu einem bunten, spannenden Mix zusammen. Sofort verzaubert uns diese einzigartige Atmosphäre. In der Luft mischt sich der Duft von Currys und Räucherstäbchen. Von Waren überquellende Läden verkaufen indische Musik und Filme, bunte Sarongs, Gold- und Blumenschmuck, muslimische Gebetsketten, Haushaltswaren, Obst und Gemüse, chinesische Süßigkeiten…

Moslems, Hindus, Buddhisten und Christen arbeiten und beten Tür an Tür. Seit der britischen Kolonialzeit leben die verschiedenen Bevölkerungsgruppen miteinander und haben über viele Generationen eine große Toleranz füreinander aufgebaut. Zwischen alten Kolonialhäusern ruft abends der Muezzin zum Gebet während auf der anderen Straßenseite Chinesen auf Tempelvorplätzen Räucherstäbchen anzünden und Wahrsagerstäbchen schütteln. Und nur wenige Schritte entfernt werden gegen Geldspenden von Priestern an Shiva-Schreinen indische Feuerzeremonien durchgeführt. In den Straßen der Stadt lebt noch die exotische Welt des fernen Ostens.

Kulinarisch sind die Spaziergänge durch die George Town eine einzige Entdeckungsreise. Das Essen ist vor allem ein Mix aus chinesischer, indischer und malaiischer Küche. Es wird gekocht und gebrutzelt, was das Herz begehrt. Die Straßen sind voll von unzähligen Straßenküchen und Ständen, an denen frisch zubereitetes Essen angeboten wird. Die sog. Hawker-Center, überdachte Hallen oder Plätze, sind voll mit essenden Menschen, die um große Tische sitzen und sich die Speisen an den umliegenden Küchen abholen. George Town scheint den ganzen Tag über dem Essen zu frönen.

Wir laben uns an indischen Murtabaks, Currys, frischen Dosais und knusprig-fluffigen Rotis , schlürfen leckere säuerlich-scharfe Penang Laksa (weiße Nudelsuppe mit Fischsauce, Nyonya-Küche), beglücken uns mit Dim Sum (kleine Gerichte die gedämpft oder frittiert sind, Hainan-Küche) und kühlen unsere Gaumen mit einem Cendol (grüne, geleeartige Reisnudeln mit Kokosmilch, Palmzucker, roten Bohnen und gecrushtem Eis, malaisches Dessert). Und das alles für kleines Geld. Die (Futter)Welt kann so schön sein!

Nach so viel Schlemmerei und Kalorien wird es Zeit, dass wir wieder auf die Räder steigen und die letzten 400 km bis Kuala Lumpur unter die Räder nehmen.

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