Am grünen Rand der Welt

Anchorage / Alaska/ USA usa
512. Reisetag
16.155 km / 99.412 hm

IMGP2177 „Hey there! What’s up man?“ – „Hallo! Wie geht’s man?“

Völlig unvermittelt spricht mich Bob im Supermarkt an.

„I’m fine, thanks.“ – „Danke, gut.“ antworte ich erstaunt.

Dann plaudern wir locker über Alaska, seine Zeit bei der US Air Force, und unsere Weltreise.

„Wow! That’s cool.“ – „Wow! Ist das cool.“

Bob umarmt mich spontan und herzhaft und dann gibt’s ein laaanges „shake hands“ … und noch ne’ Umarmung. “Safe trip. Man.”

An diese spontane, direkte Art musste ich mich erst ein paar Tage gewöhnen. In Südamerika ist mir das in dieser Form nie passiert. Hier in Anchorage sind wir ständig im Smalltalk. Selbst an der Kasse im Supermarkt wird stets gefragt „How are you?“. Auch wenn die Antwort immer „Fine“ ist – ob das nun stimmt oder nicht – diese lockere, unverfängliche Art tut gut. Mit Schmeicheleien gehen “die” Amerikaner nicht sparsam um. Auch wenn es oft reine Höflichkeit ist und etwas oberflächlich wirkt, so ist dies doch Ausdruck der freundlichen Grundeinstellung. Und das ist angenehm. „Think positive! laut das Motto. Und das ist bei dem “Shit-Wetter” auch dringend nötig. So viel Regen wie in den Tagen hier hatten wir in 5 Monaten Südamerika nicht.

Nun sind wir also in den USA, dem drittgrößten Staat der Erde – sowohl gemessen an der Fläche als auch an der Bevölkerung mit ca. 314 Millionen Einwohnern. Ganze 700.000 (allein 300.000 in Anchorage) davon leben in Alaska, fünfmal so groß wie Deutschland. Es wird also einsam in den kommenden Wochen werden. Von der staubtrockenen Nazca Wüste in die weite, saftig-grüne Wildnis Alaskas. Was für ein Kontrast!

„The last Frontier“ prangt stolz auf jedem Nummernschild der ps- und lautstarken Boliden von nie gekannter Größe und den überdimensionierten Wohnwagenbunkern, die eher rollenden Einfamilienhäusern gleichen. Den Lokalpatriotismus spürt man fast in jedem Gespräch. Auch hier ist man natürlich zuerst US-Amerikaner aber eben auch stolzer Alaskan. Der Rest der USA (ohne Hawaii) wird etwas despektierlich als „the lower 48“ („die unteren 48“) oder sogar „Outside“ („da draußen“) betitelt. An Selbstbewusstsein mangelt es den Alaskans nicht :-)

So manches hat uns schon in den ersten Tagen begeistert, anderes für Kopfschütteln gesorgt. Und eines ist schon jetzt sicher, „kalt lassen“ wird uns das 18. Reiseland mit Sicherheit nicht. Zunächst erleben wir das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ allerdings als „Land der begrenzten Möglichkeiten“ – was die Liefergeschwindigkeit unseres Pakets aus Deutschland angeht.

Schon mit reichlich Verspätung durch DHL erreicht es am 06.08. New York, 3 Tage später Seattle …. und dann dauert es noch einmal 10 Tage bis es per Schiff endlich im Hafen von Anchorage eintrudelt.

Um bei dem regnerischen Wetter nicht völlig einzurosten, fahren wir nach Seward an den Golf von Alaska. Und was wir auf der kleinen Runde sehen macht Lust auf mehr. Die Natur hier hat Wunderbares zu bieten: grandiose Landschaft, wilde Tiere, frische würzige Luft, tolle Lichtspiele. Hoffentlich können wir davon noch vieles sehen. Durch die Verzögerung sind uns 2 Wochen „verloren“ gegangen.

Zur Zeit herrschen in Anchorage zwar noch 15°C. In 3 Wochen können es hier nachts aber schon -10°C werden und eine dicke Schneedecke liegen. In der Regel liegt bis Mitte/Ende September die durchschnittliche Temperatur im positiven Bereich. Durchschnitt heißt aber Statistik. Und Statistik heißt „wahrscheinlich“. Es ist also ebenfalls „wahrscheinlich“ – nur eben weniger – dass es im September auch schon ziemlich kalt werden kann. Wir werden es nehmen (müssen) wie es kommt und uns notfalls Schier unter die Reifen schnallen :-)