One Night in Bangkok

Bangkok / Thailand thailand
275. Reisetag
9.253 km, 59.550 hm

P1130953Die Wiedereinreise nach Thailand ist etwas langwierig. Am Grenzübergang in Poipet herrscht ein chaotisches Durcheinander von Markttreiben, Fernverkerkehr, Grenzhandel und Touriströmen. Hier erfahren wir auch, dass man seit Mitte November bei der Einreise über Land statt bisher 15 Tage nun eine 30-Tage-Aufenthaltsgenehmigung kostenlos bekommt! Danke, dass uns das niemand in der thailändischen Botschaft in Vientiane (Laos) gesagt hat. So sind wir um 50 € ärmer und haben jetzt ein 60-Tage-Visum, das wir gar nicht benötigen.  Die Strecke nach Bangkok ist landschaftlich nicht reizvoll und so fahren wir die 400 km in 3 1/2 Tagen zügig durch. “Highlight” ist die letzte Hotel-Übernachtung vor der Stadtgrenze. 450 Baht soll das Zimmer kosten. Wir fragen, ob es nicht auch ein billigeres gibt. Auf der in Thailändisch verfassten Werbetafel sind 450 und 250 Baht angegeben. Klar! Die Dame nickt und zeigt auf 3 Finger ihrer ausgestreckten Hand. Komische Geste, denken wir. Aber nach den ersten 3 Wochen im Land kennt man eben noch nicht jede Geflogenheiten… Erschöpft von den 130 km nehmen wir ein entspanntes Bad und schlummern seelig der Nacht entgegen… bis gegen 21 Uhr das Telefon im Zimmer klingelt. Zögernd nimmt Ria den Höhrer in die Hand: “Time out, Time out!” erschallt es am anderen Ende. Für 250 Baht bekommt man in dem Stundenhotel 3 Schäferstündchen, für 450 die ganze Nacht. Nach einigem Hin- und Her einigen wir uns mit den Besitzern schließlich auf 400 Baht und finden endlich unseren wohlverdienten Schlaf :-)

Wie geplant erreichen wir Bangkok am nächsten Tag (29.12.2013), um hier Silvester zu verbringen. Nach 2,5 Monaten und 3.300 km sind wir wieder am Ausgangspunkt unserer “Nordschleife” in Südostasien angekommen. Die eintägige Fahrt in die Millionenmetropole ist weniger problematisch als gedacht. Während wir Richtung Hauptstadt unterwegs sind staut sich auf den vierspurigen Ausfallstraßen der Verkehr kilometerlang. Wir haben schon die Befürchtung Bangkok menschenleer vorzufinden :-)

Doch die Stadt ist so munter, laut und verkehrsreich wie im Oktober. Ein paar hunderttausend Einwohner weniger machen keinen Unterschied. Überall stehen noch Weihnachtsmänner und Rentierschlitten vor den Shopping-Mals, hängt Lametta in den Schaufenstern. Weihnachten ist in Thailand auch 2 Tage vor Neujahr noch lange nicht vorbei und im World Plaza Center erklingen fröhlich-schmetternd Weihnachtsschlager…

Am Silvestertag strömen die Einwohner Bangkoks in Massen zu den Tempeln der Stadt, um für ein glückliches, erfolgreiches neues Jahr zu sorgen. Der Rubel oder besser Baht rollt und wandert in zahllose Spenden- und Sammelboxen. Ob’s hilft ? ….

Den Silvesterabend und die Neujahrsnacht verbringen wir mit Heidi/Markus (Österreich) und Yvonne/Christian (Schweiz). Zwischendurch sind wir sogar 8 Weltreiseradler, da wir Anja und Peter aus Lautertal/Deutschland “über den Weg” laufen, mit denen wir seit Beginn unserer Reise in Emailkontakt stehen. Tja, die Welt ist klein :-)

Das Mitternachtsfeuerwerk können wir zu meinem (Oliver) Leidwesen leider nicht sehen. Unser Platz am Chao Phraya ist zu weit entfernt. Überhaupt bleibt es um 00:00 Uhr in dieser Megametropole ungewöhnlich ruhig. Pyrotechnisches ist am Bangkoker Himmel kaum zu sehen. Dafür spielen jede Menge Live-Bands in den Straßen. Im Stadtteil Banglampoo bleiben wir schließlich vor einer Bühne “hängen” und lassen uns von den Beats mitreißen. Gemeinsam mit Bangkokern und anderen Touris tanzen wir bis in die Morgenstunden, bringen unser “Kulturgut” ein und zetteln eine “Polonaise Blankenese” nach der anderen an. Den Thailändern gefällts und wir haben unseren Spaß. Gegen 04:30 Uhr fallen wir ziemlich erschöpft in unsere Betten und sind überzeugt, dass Tanzen mindestens genauso anstrengend wie Radfahren ist.

Der Song “One Night in Bangkok” von Murray Head wurde leider nicht gespielt und muss hier einfach mal von mir wieder “aufgelegt” werden. Der Hit war 1984 in den Deutschen Charts 20 Wochen auf Platz 1 und einer meiner Favoriten auf meinem ersten Sampler…

Jetzt wird es Zeit für Sonne, Strand und Meer und etwas Urlaub vom Reisen mit dem Rad.

An dieser Stelle herzlichen Dank an alle, die im vergangenen Jahr unsere Reise mitverfolgt und uns unterstützt haben. Wir hoffen, die Postkarten sind alle bei Euch angekommen. Auch im Neuen Radreise-Jahr erfüllen wir gerne wieder Kartenwünsche. Wer Interesse hat und “mitdrehen” will klickt bitte hier.

Gaumenreise in Bangkok

Bangkok / Thailand thailand
204. Reisetag
5.940 km, 43.160 hm
(Bericht vom 21.10.2013)

Erster Blick in die Straßenschluchten Was für ein Kontrast! Von den trockenen Hoch- ebenen Zentralasiens in die fruchtbare Flussebene Zentralthailands, vom überschaubaren Bishkek (870.000 Einwohner) in die Megacity Bangkok (8.200.000 Einwohner). Nur 7 Flugstunden sind die beiden Hauptstädte auseinander und doch liegen Welten dazwischen…

Kurz vor der Landung durchbrechen wir die geschlossene Wolkendecke. Aus der Vogelperspektive können wir einen ersten Blick auf das Häusermeer werfen. Die Metropole scheint sich ins Unendliche zu erstrecken … sanft setzt der Airbus auf. Sawadee in Thailand!

Die Millionen-Metropole empfängt uns mit feuchter Hitze, Chaos und … lächelnden, hilfsbereiten Menschen. Im gigantischen Flughafen Suvarnabhumi (51 Gates) „wandeln“ wir durch riesige Hallenkomplexe. Mit unseren ausgefüllten Embarkation Cards und Reisepässen geht es schließlich zum Immigrationschalter. Kurz darauf haben wir ein kostenloses 30-Tage-Visum für Thailand! Wie einfach doch Bürokratie auch sein kann…

Um in die Stadt zu gelangen nutzen wir die hochmoderne, vollklimatisierte Expressline der Airport Rail Line. Auf der 15-minütigen Fahrt rasen wir an Glaspalästen, Slums, goldenen Tempeln, Wolkenkratzern und überdimensionalen Bildern des hochverehrten und hochbetagten Königs Bhumibol vorbei. Dazwischen riesige 4-, 5-, 6-spurige Straßen (in eine Fahrtrichtung!!) voller bunter Fahrzeugschlangen. In der dunstigen Ferne verliert sich der Beton-Dschungel im Ungefähren.

An der Station „Phaya Tai“ steigen wir aus dem Zug. In der drückenden schwül-warmen Nachmittagsluft packen wir unsere unversehrten Räder aus den Kartons, machen sie wieder fahrtauglich und stürzen uns in das abgasgeschwängerte Verkehrschaos Bangkoks. Auf dem Weg zum Hotel sehen wir erst mal nicht viel von der Stadt. Das Straßenwirrwar und der ungewohnte Linksverkehr kosten unsere volle Konzentration. Nach 6 langen Kilometern erreichen wir unsere Unterkunft (Sam Sen Sam Place, http://www.samsensamplace.com/) in der Samsen Road, Soi 3. Ein echtes Kleinod 100 m abseits der lärmenden Hauptstraße, das wir gerne weiterempfehlen.

Die ersten Tage taumeln wir wie staunende Kleinkinder durch die Stadt. In den Straßen und Gassen Alt-Bangkoks (Rattankosin Islands) pulsiert das Leben.

Unsere Augen, Ohren und vor allem Nasen werden mit allen möglichen Sinneseindrücken „bombardiert“. Von unzähligen Handkarren und Eckständen herunter, aus Garküchen und Straßenlokalen heraus wird alles mögliche Essbare verkauft. Kaltes, Heißes, Süßes, Saures, Salziges, Würziges und natürlich: Scharfes! Überall brutzelt, gart, kocht, grillt und dämpft es vor sich hin. Wir betreten ein völlig neues Universum. An jeder Ecke in jeder Straße duftet es anders. Aufgeregt tauchen wir unsere Ess-Stäbchen in Schüsseln köstlich duftender Nudeln, löffeln leckere scharf-saure Suppen (Dom Yam) und kosten an Ständen berühmter Straßenhändler Reis & Curry, Kurzgebratenes, Frühlingsrollen (Po Pee A), würzige Salate und allerlei andere Leckereien. Oft kosten die Gerichte nicht mehr als 1 – 2 €, also 40 – 80 Baht.

Unseren Vitaminhaushalt füllen wir auf den bunten Märkten der Stadt auf. Für wenig Geld lassen wir uns frische Mangos, Durian, Papayas, Jackfruit, Ananas, Longkong, Ur-Guave und Bananen, Drachenfrucht und Tamarinde schmecken.

Und im hektischen Chinatown verirren wir uns in einem Netz aus winzigen Gassen und überfüllten Märkten und bestaunen die Fülle faszinierender Zutaten.

Die Streifzüge durch die Stadt sind dabei alles zugleich: fesselnd und faszinierend, aber auch stressig und ermüdend. An die schwüle Hitze (Bangkok ist eine der heißesten Städte der Welt), den ohrenbetäubenden Lärm und die schlechte Luft in den chronisch verstopften Hauptstraßen können wir uns nur schwer gewöhnen. Lediglich die schweren Gewitter und sintflutartigen Regengüsse sorgen an 2 Tagen für etwas kühlere und frischere Luft in den Morgenstunden.

Auf einer kleinen Tempel-Tour schauen wir uns 3 der schönsten und bedeutendsten Bangkoks an (es gibt über 400 in der Stadt).

Der Wat Phra Kaew ist eine märchenhafte Anlage aber leider auch die Touri-Attraktion. Im Gewühl lautstark, drängelnder Reisegruppen und fotogeiler Schnappschuss-Paparrazis mag nicht so rechte „Tempel-Atmosphäre“ aufkommen. Dennoch beeindrucken uns die bunten Fliesenmosaike, vergoldeten Türme, Fabelwesen und dämonisch aussehenden Tempelwächter. Zwischen den Touristenströmen zollen Bangkoker dem hochverehrten Smaragd-Buddha mit Lotusblüten, Räucherstäbchen und Blattgoldplättchen ihren Respekt. Religiösität und Glücksrituale gehen dabei fließend ineinander über. Ob Geldsorgen oder Kinderwunsch – erste Anlaufstelle bei Wünschen und Bedürfnissen sind die Tempel. Und für das persönliche Glück lässt man schon einige Baht springen. Uns befremdet diese Art des „Ablasshandels“ erst mal. Aber vielleicht dringen wir im Laufe unserer Reise durch Thailand noch etwas tiefer in die Religion ein, die im Land alles durchdringt …

Im Tempelbezirk des Wat Saket ist es da schon deutlich ruhiger. Im Zentrum liegt der „Goldene Berg“ (79 m). 318 Stufen schlängeln sich serpentinenartig zum Goldenen Chedi hinauf (Denkmal in Form einer Bergspitze, die der dauerhaften Stabilität des Buddhismus gewidmet ist). Dichtes Blattwerk knorriger Bäume bietet beim Anstieg angenehmen Schatten. Oben angekommen haben wir ein fantastisches 360-Grad-Panorama. Von hier oben wirkt die lärmende Stadt fast friedlich.

Der „Liegende Buddha“ im Wat Po beeindruckt uns mit seiner schieren Größe. 45 m lang und 16 m hoch ist die Figur, die Buddha in dem Moment zeigt, in dem er ins Nirvana übergeht (Nirvana ist das große Ziel im Theravada-Buddhismus, denn es bedeutet das „Auslöschen“ aller Begierden und damit auch allen Leidens. Wer mehr dazu erfahren möchte: http://de.wikipedia.org/wiki/Nibbana).

Im MBK, einem der vielen gigantischen, vollklimatisierten Konsumtempeln Bangkoks versorgen wir uns mit Sonnencreme und auf dem Wochenendmarkt am Chatuchak Park mit Souvenirs.

Da die Sehenswürdigkeiten oft weit auseinander liegen, die Straßen chronisch verstopft sind und wir die günstigen Busse nutzen (7 – 20 Baht pro Fahrt. Es gibt über 500 Linien aber keinen Fahrplan. Und wenn’s ihn gäbe wäre er ohnehin nicht einzuhalten), endet so mancher Kurztrip fast als Tagesausflug. Wie die Bangkoker diesem Verkehrschaos tagtäglich mit äußerlicher Gelassenheit begegnen, erstaunt uns immer wieder. Wir sind nach 7 Tagen bereits ziemlich erschöpft und stadtmüde. Da kommt das heißersehnte Paket von meinen Eltern aus Deutschland mit Karten und Ersatzteilen gerade recht. Nachdem alles um- und verpackt und die Wintersachen im Hotel eingelagert sind, verlassen wir Bangkok am 21. Oktober mit dem Nachtzug nach Norden, Ziel Uttaradit. Ab jetzt wird wieder in die Pedale getreten …